DIE Emotionale Verstrickung

nach Prof. Franz Ruppert

Mit der Abspaltung der Gefühle vom "Trauma der Liebe" (Unruhe, Ohnmacht, Wut, Hilf- und Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung, Trauer, Einsamkeit, Todesangst) beginnt die Psyche des Kindes nun mit der Entwicklung von Überlebensstrategien.

Folgende Merkmale zeigen die Überlebens-ICH-anteile:

  • sie sichern das Überleben in der Traumasituation
  • sie überwachen die seelischen Spaltungen
  • sie verdrängen und leugnen das Trauma
  • sie ignorieren und lenken ab
  • sie kontrollieren die traumatisierten Anteile
  • sie kontrollieren andere Menschen
  • sie suchen nach Kompensationen
  • sie erzeugen Illusionen
  • sie sind unterwürfig und latent aggressiv
  • sie erzeugen weitere Spaltungen
  • Emotionale Verstrickung

Das Kind braucht aber, um überleben zu können, auf jeden Fall gefühlsmäßige Bindung. Um sich nun doch noch Zugehörigkeit, Halt, Liebe und Orientierung zu sichern, beginnt die Psyche unbewusst, nach alternativen Bindungsmöglichkeiten an die Mutter Ausschau zu halten. Um bei einer Mutter (und auch Vater), die selber keine Ich-Strukturen aufgebaut haben, überleben zu können, muss der Säugling sich nun in das grenzen- und strukturlose Gefühlsleben der Mutter einschwingen.

 

Eine Möglichkeit, an das ersehnte Ziel zu kommen, besteht darin, die eigenen inneren Grenzen immer weiter zu öffnen. So verlagert das Kind sein inneres Zentrum immer weiter nach außen, um sich so tiefer in die Psyche der Mutter einzufühlen. Der Preis für die Ausweitung der psychischen Grenzen ist der Verlust des Kontaktes zu sich selbst. Das kann so weit gehen, dass es sein eigenes Selbst aufgibt. Über diesen Weg kommt das Kind mit den abgespaltenen Traumagefühlen der Mutter in Kontakt. Die Überlebensanteile des Kindes fühlen sich von der Stärke der abgespaltenen Gefühle der Mutter wie magisch angezogen.

 

Diese ursprünglich für die Mutter überwältigenden Traumagefühle können so stark sein und eine so magnetische Anziehungskraft besitzen, dass sie das Kind völlig überschwemmen. Das Kind wird in den Strudel der verdrängten und abgespaltenen Gefühle der Mutter haltlos hineingezogen und verbindet sich mit ihnen. Ist das Kind erst einmal ganz gefangen und emotional verstrickt in den negativen Gefühlen, so ist es fast unmöglich, einen gesunden Kontakt zu sich selber aufrechtzuerhalten. Diese negativen Emotionen der Mutter nehmen die Seele des Kindes fast völlig in Besitz. Es kann dann nicht mehr unterscheiden, welche Gefühle zu ihm und welche Gefühle zur Mutter gehören.

Der Preis für diese negative symbiotische Bindung an die ins Unbewusste abgeschobenen Gefühle der Mutter ist also die Aufgabe des eigenen Selbst.

Das Kind identifiziert sich mit den Traumagefühlen und den darin enthaltenen Ereignissen und so auch mit der verdrängten und abgespaltenen Lebensgeschichte der Mutter. Es beginnt nun, unter Aufgabe des eigenen Selbst und der Ich-Identität, sich bei der Mutter immer tiefer in ihr unstrukturiertes und traumatisiertes Innenleben einzuspiegeln.