Spaltung der Persönlichkeit

nach dem Trauma

Der traumatisierte Ich-Anteil

In diesen Ich-Anteil werden die überwältigenden Gefühle wie Hilflosigkeit, panische Todesangst, Ohnmacht, Scham, Wut, Hoffnungslosigkeit und die bildlichen Erinnerungen des Traumas abgeschoben und hinter dicken Mauern aufbewahrt. 

Diese Gefühle und Erinnerungen sind wie weggesperrt und werden vom Überlebens-Ich-Anteil gut bewacht.

 Sie bleiben aus dem Bewusstsein ausgeblendet.

Merkmale der traumatisierten Ich-Anteile:

  • sie speichern die Erinnerungen an das Trauma.
  • sie bleiben auf der Altersstufe zum Zeitpunkt des Traumas stehen.
  • sie suchen nach einem Ausweg aus dem Trauma.
  • sie können berührt bzw. getriggert werden.

Dieser Ich-Anteil nimmt nicht mehr am Leben und der Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit teil und bleibt so auf der Alterstufe zum Zeitpunkt des Traumas stehen.

 

Er bildet eine bleibende Gefahrenquelle und einen Unruheherd in der Psyche des Menschen.

 

Da die Trauma-Ich-Anteile aus ihrem Gefängnis befreit werden wollen, versuchen sie aus ihrem Schattendasein über körperliche und seelische Krankheitssymptome mit der Gesamtpersönlichkeit in Kontakt zu kommen.

Der Überlebens-Ich-Anteil

Der sich nach dem Trauma herausgebildete Überlebens-Ich-Anteil übernimmt nun die psychische Führung und sorgt dafür, dass der traumatisierte Anteil vom bewussten Wahrnehmen, Fühlen, Denken und Handeln so gut es geht ferngehalten wird. Er sorgt mit aller Kraft dafür, dass kein Kontakt zu dem Trauma-Ich-Anteil hergestellt werden kann. Er beginnt das Leben zu regeln, indem er durch Vermeidung, Kontrolle der Umwelt, durch enge Lebensführung und Entwicklung illusionärer Fantasievorstellungen die Berührung mit dem Trauma vermeidet. Die Überlebens-Ich-Anteile fühlen sich immer normal und gut. Sie unterdrücken die traumatisierten Anteile, sperren sie in ein Gefängnis und bewachen sie, damit sie von niemandem gesehen oder berührt werden können.


Merkmale von Überlebens-ICH-anteilen:

  • sie sichern das Überleben in der Traumasituation
  • sie sind die Wächter der seelischen Spaltung
  • sie verdrängen und leugnen das Trauma
  • sie vermeiden Erinnerungen an das Trauma
  • sie ignorieren und lenken ab
  • sie kontrollieren die traumatisierten Anteile
  • sie kontrollieren andere Menschen
  • sie suchen nach Kompensationen
  • sie erzeugen Illusionen, sind unterwürfig und latent aggressiv
  • sie erzeugen weitere Spaltungen

Der Überlebens-Ich-Anteil ist lebensrettend nach der traumatischen Situation, denn er ermöglicht nach dem Traumaereignis das Überleben.

Je massiver das Traumaerlebnis war, desto stärker sind auch die Überlebens-Ich-Anteile und die Überlebensstrategien.

 

Der Überlebens-Ich-Anteil ist lebensrettend nach der traumatischen Situation, denn er ermöglicht nach dem Traumaereignis das Überleben.

 

Werden die Überlebensstrategien auch dann noch aufrechterhalten, wenn die traumatische Situation schon längst vorbei ist, dann können sie zu einer enormen Entwicklungsblockade werden.

 


 

Der Überlebens-Ich-Anteil verleugnet das Trauma, vermeidet Erinnerungen daran, ignoriert und lenkt ab. Er akzeptiert die Realität nicht und kann aggressiv reagieren, wenn jemand von außen seine Vorstellungen in Frage stellt. Er verhindert das Erkennen der Realität, die gefühlsmäßige Wahrheit und Klarheit. Aus diesem Grunde ist es für eine gesunde und stabile Persönlichkeitsentwicklung notwendig, dass die Trauma-Schutzmechanismen vorsichtig und Schritt für Schritt abgebaut werden, sobald die ursprünglich bedrohliche Situation vorbei ist.

Die Überlebensstrategien

Um nicht in Kontakt mit den Trauma-Ich-Anteilen zu kommen, entwickelt der Überlebens-Ich-Anteil bestimmte Vermeidungsstrategien. Durch diese vermeidet er jede mögliche Situation, die das Trauma-Ich berühren könnte, weil dies zu unkontrolliertem Hochschwemmen der alten Gefühle wie Hilflosigkeit, panische Todesangst, Ohnmacht usw. führen kann. Er verhindert die Auseinandersetzung mit den Traumagefühlen und versucht die seelische Spaltung aufrecht zu erhalten. Das Trauma wird aus dem bewussten Erleben ferngehalten, damit es nicht zu einer Überflutung durch die ursprünglichen Traumagefühle und somit zur Retraumatisierung kommt.

 Überlebensstrategien entwickeln sich häufig aus unseren Talenten, so können alle Neigungen und Talente sich zu Überlebensstrategien entwickeln. Unsere Talente lassen sich wunderbar dazu benutzen sie so ins extreme zu führen, dass wir keinen Kontakt mehr zu unseren Gefühlen bekommen. Zum Beispiel kann derjenige der sich gerne bewegt, das exessiv betreiben und kann damit verhindern, dass Gefühle auftauchen könnten. Auch erleben wir unsere Überlebensstrategien als etwas zutiefst befriedigendes. So sagt der Workaholic, dass ihm seine Arbeit so viel Spaß macht, dass es kein Problem für ihn ist 60 bis 70 Stunden die Woche zu arbeiten. Oder die Frau muss jedes Wochenende 80 km Fahrradfahren um sich gut zu fühlen. Wenn es mir schlecht geht, dann gehe ich Joggen und danach fühle ich mich wieder gut. Überlebensstrategien sind daran zu erkennen, das es uns schlecht geht, wenn wir sie nicht ausleben können.

Je traumatisierter jemand ist, desto mehr konzentriert er sich mit seinen Sinnen und Aktivitäten nach außen. Durch den Kontakt mit seinem eigenen inneren Selbst besteht die Gefahr, auch mit den ursprünglichen Traumagefühlen in Berührung zu kommen. Auf lange Sicht werden die Überlebensstrategien somit selber zu einer Bedrohung, weil dadurch die körperliche, emotionale und geistige Entwicklung blockiert wird. Ein wichtiger Prozess in der Traumatherapie ist es deshalb, dass die Überlebensstrategien vom Klienten erkannt und dann schließlich losgelassen werden können.

Um das zu verhindern, kann die Psyche unterschiedliche Strategien entwickeln:

  • sie leugnet, je eine Traumasituation erlebt zu haben
  • sie vermeidet jegliche Erinnerungen daran
  • bestimmte Tätigkeiten, Orte und Personen werden vermieden
  • es kommt zu einem inneren und äußeren Rückzug
  • das kann bis zur Aufgabe aller zwischenmenschlichen Beziehungen gehen
  • Einnahme von Medikamente, Alkohol und Drogen
  • Errichten von Tabubereichen im gemeinschaftlichen Zusammenleben
  • übermäßiger Konsum von Rausch- und Genussmitteln
  • Flucht in Illusionen, Fantasien und Rituale
  • das wachsame und überaufmerksame Beobachten der äußeren Umgebung

Der gesunde Ich-Anteil

Es ist wichtig zu erkennen, dass bei der psychischen Traumaspaltung immer auch ein gesunder Ich-Anteil bestehen bleibt. Er hilft uns den Mut aufzubringen, uns mit dem ursprünglichen Trauma und dessen schmerzhaften Gefühlen konfrontieren zu können. Gesunde Ich-Anteile sind bestrebt, Selbsterfahrungen zu machen, sie wollen nichts verdrängen oder abspalten. Sie wollen die Wahrheit erkennen, was ihnen als Kind passiert ist und welche traumatischen Ereignisse die Familie belasten. Sie fördern den Kontakt zum eigenen Selbst und wollen ein stabiles, wahrhaftes, aufrichtiges Leben führen im ständigen Kontakt mit den eigenen Gefühlen. Sie unterstützen alle Möglichkeiten, die hilfreich sind, damit der Mensch sich zu einer gesunden, selbstbewussten und stabilen Persönlichkeit entwickeln kann.

Merkmale von gesunden Ich-Anteilen:

  • sie haben die Fähigkeit, die Realität offen wahrzunehmen und können Gefühle angemessen ausdrücken
  • sie haben gutes Erinnerungsvermögen
  • sie vertrauen anderen Menschen
  • sie können emotionale Bindungen aufbauen
  • sie können sich aus verstrickten Bindung lösen
  • sie haben die Bereitschaft ihr Handeln zu reflektieren
  • sie können in angemessener Weise Verantwortung übernehmen
  • sie haben einen Willen zur Wahrheit und Klarheit
  • sie haben die Hoffnung auf gute Lösungen von Problemen

Die gesunden Ich-Anteile sind bestrebt, Selbsterfahrungen zu machen und wollen nichts verdrängen oder abspalten.

Wenn wir beschließen, uns mit den Traumaereignissen und den dazugehörigen Gefühlen von Hilflosigkeit, Ohnmacht, Todesangst, Trauer, Schmerzen und Verlassenheit zu konfrontieren und in gefühlten Kontakt mit ihnen zu gehen, dann wachsen unsere gesunden Ich-Anteile.

 

Dann steht uns nach und nach immer mehr Energie zur Verfügung, und wir sind in der Lage, immer mehr unser eigenes Leben zu führen. So wachsen auch die Bereitschaft und die emotionalen Fähigkeiten, sich immer weiteren traumatischen Ereignissen und Gefühlen zu stellen. 


Ein Mensch, der ein Trauma therapeutisch durchgearbeitet und die dadurch entstandenen Spaltungen integriert hat, ist präsenter in seiner Realität. Der Lohn für die Traumabegegnung, Traumabearbeitung und Integration der abgespaltenen Gefühle ist die Fähigkeit der eigenen Psyche, einen größeren Sinn für die Realität zu entwickeln. Durch den Kontakt zu den eigenen Gefühlen gelingt es auch jederzeit, die eigene Stimmigkeit zu überprüfen und so zu handeln wie es für einen selbst gut ist. Traumatherapie ist somit ein Weg der Auseinandersetzung mit den eigenen Traumen. Sie belohnen uns mit größerer Klarheit und Präsenz.

Ziel dieser Psychotraumatherapie ist es, die Psyche zu befähigen, sich der eigenen Realität zu stellen und sie auszuhalten. Inneres Wachstum, gefühlsmäßige Klarheit und persönliche Reife kann so entstehen.