Wie schaut die Integration von bindungstrauma praktisch aus?

Rückbindung an das gesunde ICH

Im Zentrum meiner Selbstbegegnungsarbeit steht der Prozess der Rückbindung an das individuelle, gesunde ICH.
Viele Menschen haben als Baby keine sichere und haltgebende Bindung erlebt. Dadurch fehlten ihnen wichtige Entwicklungsschritte auf dem Weg zur Autonomie.

„Ohne Bindung keine Autonomie“ – beide bedingen einander.

Nur durch eine liebevolle und stabile Selbstverbundenheit können wir uns zu selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und beziehungsfähigen Erwachsenen entwickeln.


Bindungstrauma nachreifen

Frühkindlich erlebte Bindungstraumatisierungen lassen sich im Erwachsenenalter durch bewusste innere Rückbindungsprozesse nachreifen.
Dabei entsteht nach und nach ein stabiler, gut abgegrenzter ICH-Raum in unserer Psyche – verbunden mit dem verkörperten Gefühl eines inneren sicheren Hafens.

Dieser innere Halt ermöglicht es, sich nicht nur von ungesunden familiären Bindungen, sondern auch von mehrgenerational übernommenen Fremdgefühlen zu lösen.
So kann sich Schritt für Schritt ein klares, individuelles Identitätsgefühl entfalten, das im eigenen ICH verankert ist.


Selbstmitgefühl statt Retraumatisierung

In meiner intensiven Prozessbegleitung steht nicht die detaillierte Aufdeckung traumatischer Inhalte im Vordergrund, sondern der Kontakt des Klienten zu seinem ICH und seinen inneren Selbstanteilen.
Dieser Zugang öffnet den Raum für Selbstmitgefühl und innere Stabilisierung.


Die erste Begegnung mit dem eigenen ICH

Weil die erste resonanzgeprägte Begegnung mit dem eigenen ICH für mich zentral ist, lade ich Klientinnen und Klienten ein, ihre innere Reise mit einem ICH-Stellvertreter/Bodenanker zu beginnen.
Dieser achtsame Einstieg bildet die Grundlage für ein tiefen und tragfähigen Selbstkontakt.


Die Erwachsenenposition als Anker

 

Ein wesentlicher Aspekt meines Verständnisses von Traumaintegration ist, dass der Klient auch während der Traumabegegnung in seiner inneren Erwachsenenposition bleibt.
So schützt er sich davor, sich in regressiven Gefühlen zu verlieren – und gewinnt zugleich die Fähigkeit, das Erlebte bewusst zu integrieren.

 

Heilung beginnt im Hier und Jetzt

Nur als erwachsener Mensch im gegenwärtigen Moment können wir dem inneren Kind in uns – dem einst bindungstraumatisierten Anteil – die Liebe, den Halt, die Sicherheit und die Orientierung schenken, die es damals gebraucht hätte, um sich gesund zu entwickeln.

Diese tiefe Sehnsucht nach Verbundenheit ist bis heute in unserem Zellgedächtnis gespeichert. Unbewusst versuchen wir oft, sie im Außen zu stillen – in Partnerschaften, Freundschaften oder durch Anpassung. Doch wirkliche Erfüllung finden wir nur im Kontakt mit unserem eigenen ICH.


Bindung hat verletzt – Bindung heilt

„Bindungen haben uns als Babys traumatisiert – und neue Bindungserfahrungen können heilen.“

Ein zentraler Schritt in meiner Begleitung ist die erste resonanzgeprägte Begegnung mit dem eigenen ICH, die oft über eine achtsame Berührung mit den Händen eingeleitet wird. In diesem zarten Kontakt entsteht ein stiller, aber kraftvoller Austausch – ein erster Blickwechsel zwischen dem heutigen Selbst und dem inneren Kind.

 

Ich gebe diesem intimen Begegnungsmoment Raum, begleite ihn mit achtsamem Spiegeln und ergänze durch erklärende Psychoedukation. So kann der Klient nicht nur fühlen, sondern auch verstehen, was in diesem Moment in ihm geschieht – im Kontakt mit seinem eigenen ICH.

Der Blick, der alles prägt

Schon in dieser ersten Berührung wird sichtbar: Mit welchem Blick hat mich meine Mutter damals angeschaut?
War es ein liebevoller, annehmender Blick – oder ein abwesender, verurteilender, überforderter?

Der Blick und die Haltung, mit der unsere Mutter uns damals sah, verinnerlichen wir später als Blick auf uns selbst.
Nach dem Prinzip:

„Wir machen mit uns das, was die Mutter mit uns gemacht hat.“

Dieses innere Bild darf in der Selbstbegegnung sichtbar werden – und sich wandeln.


Das ICH als sicherer Bezugspunkt

Im weiteren Verlauf wird das eigene ICH zum inneren Referenzpunkt. Es bietet Orientierung, Unterstützung und emotionale Regulation – auch dann, wenn sich im Prozess weitere innere Anteile zeigen:
traumatisierte Selbstanteile, Täter-Opfer-Dynamiken oder Bezugspersonen aus dem eigenen Familiensystem.

 

So entsteht ein innerer Ort von Stabilität und Selbstführung, an dem sich echte Heilung entfalten kann.