Vermutlich kennen wir alle dieses Gefühl:
Man kommt morgens kaum aus dem Bett, alles fühlt sich zäh und anstrengend an, und die Stimmung ist spürbar im Keller.
Selbst einfache Aufgaben wirken überwältigend – als würde ein grauer Schleier über dem Tag liegen.
Die Energie fehlt, man fühlt sich leer, antriebslos, reizbar „nicht ganz bei sich“. Alles erscheint sinnlos oder bedeutungslos und grau in grau.
Im Alltag sprechen wir in solchen Phasen oft von einem Stimmungstief, einem schlechten Tag, einem Durchhänger oder einfach davon, „nicht gut drauf“ zu sein.
Psychologisch betrachtet handelt es sich dabei häufig um eine depressive Verstimmung – ein seelisches Tief, das meist vorübergehend ist. Typischerweise gibt es dafür äußere
Auslöser, etwa Streit in nahen Beziehungen, Trennung oder Verlust eines geliebten Menschen, Schwierigkeiten im Beruf, Misserfolge oder Überforderung und dauerhaften Stress usw.
Diese Form der Verstimmung ist oft situativ bedingt und bessert sich mit der Zeit, vor allem wenn wir uns ausreichend Raum für Verarbeitung, Ruhe und Unterstützung geben.
Die sogenannte endogene Depression dagegen, taucht ohne erkennbare Ursache, also von innen (endogen) auf und kann in jedem Alter auftreten. Sie ist mehr als nur eine anhaltende Niedergeschlagenheit. Sie zeigt sich häufig in Symptomen wie Antriebslosigkeit, Freudlosigkeit, Resignation, Erstarrung, Hoffnungslosigkeit bis zur Todessehnsucht, Erstarrung, innerer Leere, Schlafstörungen oder dem Gefühl, Taubheitsgefühl, innerlich „abgeschaltet“ zu sein.
Aus der Sicht der ICH-orientierten TraumaIntegration liegen die Ursachen solcher Symptome in frühkindlichen Bindungs- und Entwicklungstraumatisierungen.
In unserer Kindheit haben wir oft erfahren, dass wir uns selbst zurücknehmen, klein machen oder unsere Bedürfnisse unterdrücken mussten – um die Zugehörigkeit zu unseren Eltern oder zum Familiensystem nicht zu gefährden.
Gefühle wie gesunde Wut, Schmerz, Liebe, Geborgenheit, gesehen und gefühlt werden oder der Wunsch nach Nähe und zärtlichem Kontakt konnten in unserem damaligen Umfeld nicht gesehen, verstanden oder erfüllt werden.
Diese tief menschlichen, biologisch verankerten Bedürfnisse stießen in unserem traumatisierten Umfeld auf Ablehnung, Überforderung oder Ignoranz. Sie blieben unbeantwortet und
unerfüllt.
Für uns als Kind bedeutete das: Diese Gefühle sind nicht in Ordnung, d. h. "Ich bin nicht in Ordnung, dass ich solche Gefühle habe."
Um weiterhin geliebt zu werden – oder zumindest nicht verlassen zu werden – begannen wir, sie zu unterdrücken. Wir passten uns an, spalteten Anteile von uns ab, versteckten unsere Lebendigkeit.
Diese innere Abwehr diente unserem Schutz – sie war und ist eine Überlebensstrategie.
Aus psychotraumatherapeutischer Perspektive verstehen wir Depression häufig als eine Form der Selbstunterdrückung – ein innerer Rückzug, der einst notwendig war, um Zugehörigkeit und Bindung zu den Eltern oder dem familiären System nicht zu gefährden. Oft musste ursprüngliche Lebendigkeit, insbesondere Wut und Selbstbehauptung, unterdrückt werden, weil sie in der frühen Beziehung zu den Bindungspersonen nicht gehalten oder gespiegelt werden konnten.
Wenn wir den emotionalen Raum der Depression mit der ICH-orientierten TraumaIntegration in Gruppenprozessen oder Einzelsitzungen achtsam erforschen, stoßen wir immer auf frühe Bindungstraumatisierungen. Diese entstehen durch mangelnde Einstimmung der Bezugspersonen auf die kindlichen Bedürfnisse.
Das Kind lernt, seine Impulse, Gefühle und seinen eigenen Willen zurückzunehmen – nicht, weil es das will, sondern weil es muss, um geliebt zu werden oder um emotional zu überleben. Diese frühe Form der Selbstverleugnung kann später in eine tiefe Resignation münden.
Aus traumatherapeutischer Sicht ist eine Depression daher kein „Störfaktor“, den wir einfach nur beseitigen müssen. Sie ist vielmehr ein stiller Ausdruck seelischer Not – ein innerer Rückzug, der ursprünglich und auch heute noch als Überlebensstrategie dient.
Die Depression entsteht oft aus früher Ohnmacht, aus erlernter Hilflosigkeit und der Erfahrung, dass unsere Gefühle keinen sicheren Raum bei den Eltern finden durften, von ihnen nicht gesehen, gehalten, beantwortet, gespiegelt oder reguliert wurden.
Depression ist oft der Versuch unserer Psyche, uns vor dem ursprünglichen abgespaltenen Schmerz und der tiefen frühkindlichen Bindungsverletzung unseres Daseins zu schützen – und auch vor der schmerzhaften Spannung zwischen unserem Bedürfnis nach Verbindung und der realen Erfahrung von emotionaler Unerreichbarkeit und Bedrohung derer, die wir am meisten lieben.
Depression ist meist ein Ausdruck von Wut, die unterdrückt werden musste, um die Zugehörigkeit zu den Eltern und elterlichen System nicht zu verlieren. Alle Selbst- und Willensimpulse, die aus unserem gesunden Lebenskern aufsteigen, gelebt und ausgedrückt werden wollen, müssen tief ins Innere verdrängt und abgespalten werden. Die Folge ist die "Erworbene Hilflosigkeit" – das Gefühl, keinen Einfluss auf das Verhalten der Eltern, das eigene Erleben und Handeln zu haben. Glaubenssatz: "Ich kann machen, was ich will, ich kann nichts ändern , da niemand auf meine Bedürfnisse reagiert ."
Aggression ist – in ihrer gesunden Form – ein natürlicher Ausdruck von Lebensenergie, Selbstbehauptung und Abgrenzung. Sie bringt uns mit unserem Körper in Kontakt und ist eng mit der gesunden Wut und unserem Daseins-Gefühl verbunden. Wenn wir in unserer Kindheit jedoch lernen mussten, diese Impulse zu unterdrücken (z. B. weil Wut verboten, gefährlich oder mit Gewalt und Liebesentzug bestraft wurde), wird die gesunde aggressive Energie nach innen gerichtet. Was wir nicht nach außen ausdrücken durften, richtet sich dann nach innen – gegen uns selbst.
Diese berechtigten Gefühle von Frustration und Enttäuschung, die wir gegenüber wichtigen Bezugspersonen nicht ausdrücken durften, werden dann unbewusst auf das eigene Selbst gerichtet. Es entsteht ein chronischer Konflikt zwischen Bindungswunsch und Selbstschutz.
Statt zu sagen: „Ich bin wütend auf dich, weil du mich verletzt hast“, entstehen aus Bindungsschutzgründen unbewusste Glaubenssätze:
"Mit mir stimmt etwas nicht. Ich bin schlecht. Ich darf keine Bedürfnisse haben. Ich muss mich unsichtbar machen, weil ich eine Belastung bin. Immer brav
sein, damit ich nicht ausgeschlossen werde, mit meinem Willen bin ich der Mutter zu viel usw."
Viele Betroffene berichten, dass sie in ihrer Kindheit nicht als fühlendes Wesen wahrgenommen wurden, sondern eher wie ein Objekt – funktionierend, angepasst, ohne Raum für
eigene Bedürfnisse. Daraus entwickeln sich oft tief verankerte Glaubenssätze wie:
„Ich bin nicht gut genug.“ – „Ich bin nichts wert.“ – „Ich darf nicht so sein, wie ich bin.“ – „Ich kann machen was ich will, es hat ohnehin keinen
Sinn.“ – „Nur wenn ich still und unsichtbar bin, werde ich geliebt.“ usw.
Darüber hinaus zeigen sich depressive Symptome häufig auch als Ausdruck einer unbewussten, generationsübergreifenden Identifikation mit dem Schmerz, der Ohnmacht oder dem Leid von Mutter, Vater oder anderen Vorfahren. In der therapeutischen Begleitung wird es deshalb wesentlich, zwischen den eigenen Gefühlen und denen der Herkunftsfamilie zu unterscheiden.
Der Weg aus der Depression führt über ein tieferes Verstehen dieser inneren Dynamiken – und darüber hinaus über die Rückverbindung mit dem eigenen tief abgespaltenen ICH und den ursprünglichen Lebensimpulsen. Heilung beginnt dort, wo Selbstmitgefühl entsteht. Wo wir beginnen, uns selbst Raum zu geben, unsere wahren Gefühle zu spüren, anzunehmen und durch Mitgefühl integrieren – und unsere Fähigkeit zur Selbstaktivierung langsam zurückgewinnen.
Um die Bindungsbeziehung und die Liebe zu unseren Eltern aufrechtzuerhalten, beginnen wir die Schuld bei uns zu suchen. Wir gehen in die innere Isolation, werten uns selber ab, haben Schamgefühle für unser Dasein, entwickeln körperliche Symptome und ziehen uns ganz vor der Welt zurück - wir gehen innerlich in die Erstarrung und frieren mit den gesunden Aggressionen auch alle Lebendigkeit mit ein.
Depression ist somit "nach innen gewendete Aggression".
In einem traumatisierenden oder emotional instabilen Umfeld ist offene Aggression oft gefährlich – sie kann Ablehnung, Gewalt oder Verlust bedeuten.
Deshalb „frieren“ viele Menschen emotional ein – sie unterdrücken nicht nur die Wut, sondern auch die Lebendigkeit, um emotional zu überleben.
Diese "Opferhaltung" schützt vor der bedrohlichen Erfahrung, nicht dazugehören zu dürfen, abgelehnt zu werden, oder zu „viel“ zu sein.
Wenn wir den inneren Gefühlszustand der Depression in den ICH-Begegnungen erforschen, dann stoßen wir auf frühe Bindungstraumatisierung mit der Folge von Selbstunterdrückung der Eigenimpulse und Selbstaktivierung. Die Folge ist ein Zustand von Resignation und Hoffnungslosigkeit.
Innere Heilung unserer Selbstunterdrückung (Depression) geschieht, wenn wir beginnen, uns für unsere gefühlt reale Wahrheit in der Kindheit zu öffnen und unsere Bindungsbeziehungen aus dem Blickwinkel des kleinen Kindes, das wir waren, mitfühlend zu begegnen, ohne jedoch das Hier und Jetzt zu verlieren.
Auf dem Weg nach innen begegnen wir inneren Anteilen und gespeicherten Erfahrungen, die einst zu schmerzhaft waren und deshalb verdrängt und abgespalten werden mussten. Es gab in der Kindheit niemanden, der unsere Not gefühlt hat und so blieben wir mit all dem Gefühlschaos in uns allein und verlassen.
Um die unaushaltbaren Beziehungen zu ertragen und weiterhin in dem System zu überleben, haben wir vieles abgespalten und wie unter einer Schutzschicht begraben, um weiter funktionieren zu können.
Je mehr wir bereit sind, uns diesen inneren Anteilen mit Mitgefühl, Offenheit und Präsenz zuzuwenden – ohne Vorbehalte –, desto mehr kann sich der Schmerz von damals öffnen und ein nachhaltiger echter Heilungsprozess entfalten sich.
Selbstbegegnungen in Gruppenprozessen oder mit Bodenankern in der Einzelpraxis führt unter empathischer Prozessbegleitung zu achtsamer Begegnung mit uns selbst und bringt uns Schritt für Schritt unserer wahren inneren Natur näher.
Gleichzeitig lösen wir uns dabei zunehmend von elterlichen Prägungen und gesellschaftlichen Konditionierungen, die uns lange von unserem Wesenskern entfernt haben.
In diesem Seminar widmen wir uns den vielfältigen Ursachen von Depression aus Sicht der ICH-orientierten TraumaIntegration.
Gemeinsam erforschen wir, wie sich depressive Zustände entwickeln – nicht nur individuell, sondern auch im familiären und mehrgenerationalen Kontext.
Wir beschäftigen uns auch mit den Folgen für Kinder, die mit depressiven Elternteilen – insbesondere mit einer depressiven Mutter oder einem depressiven Vater – aufwachsen mussten.
Wir werden uns auch mit den Ursachen der Wochenbettdepression auseinandersetzen – und damit, wie sich diese frühen emotionalen Zustände auf die Bindung und das Erleben des neugeborenen Babys auswirken können.
Wie zeigt sich das Erlebte später im Erwachsenenleben – im Selbstwert, in Beziehungen, in der Fähigkeit zu Lebendigkeit?
Wir werden außerdem der Frage nachgehen, ob sich Depression bei Männern und Frauen unterschiedlich ausdrückt, und was das für den therapeutischen Umgang bedeutet.
Ein weiterer zentraler Aspekt ist die oft übersehene Depression bei Babys und kleinen Kindern. Da Kinder in diesem Alter ihre Gefühle noch nicht differenziert ausdrücken können, zeigen sich depressive Zustände meist indirekt – etwa über Verhalten, Körpersprache oder körperliche Symptome. Auch hier betrachten wir, wie frühe Beziehungserfahrungen und Bindungstraumata eine Rolle spielen.
Neben theoretischen Grundlagen wird es ausreichend Raum für praktische Erfahrung geben – insbesondere durch die Selbstbegegnung mit dem Anliegensatz. So wird die Theorie unmittelbar in den sich zeigenden Dynamiken der Aufstellungsprozesse nachvollziehbar und greifbar.
Dieses Seminar richtet sich an TherapeutInnen, BeraterInnen und alle, die ein tieferes Verständnis für die psychologischen Aspekte von Depressionen entwickeln möchten. Zusätzlich sind alle willkommen, die sich vertieft mit dem Thema und deren möglichen Ursachen auseinandersetzen möchten.
Wie gewohnt werden wir neben intensiven Theorieeinheiten auch in den praktischen ICH-Begegnungen die entwicklungsbedingten und mehrgenerationalen Ebenen der depressiven Zustände erforschen.
Die Selbstbegegnungsplätze zum Thema „Depression“ – mit all ihren möglichen Erscheinungsformen wie Hilflosigkeit, Resignation, Antriebslosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Sinnverlust, Erstarrung, Gefühllosigkeit, innerer Isolation oder Rückzug – werden wie gewohnt vor Ort unter den Teilnehmenden ausgelost.
Ich freue mich auf eine spannende, gemeinsame Entdeckungsreise. Gemeinsam werden wir die möglichen Zusammenhänge zwischen Depression und frühen Lebenserfahrungen, Traumata sowie emotionalen
Mustern erkunden.
Termin:
Freitag, 27. bis Sonntag, 29. Juni 2025
Seminarzeiten:
Freitag von 10:00 bis 19:00 Uhr
Samstag von 09:00 bis 18:30 Uhr
Sonntag von 09:00 bis 14:00 Uhr
Seminargebühren:
340 € inkl. kaltes Buffet
Die Gebühr kann vor Beginn des Seminars auf folgendes Konto überwiesen oder vor Ort bar bezahlt werden:
Dagmar Strauß
IBAN bei der HypoVereinsbank:
DE47 721 20078 245 017 4893
Mit der Anmeldung werden auch meine AGBs akzeptiert:
siehe unter "Workshops"
Hotel Garni "Abenstal":
Seysdorf fußläufig 10 Minuten entfernt.
www. hotelabenstal.com
Pension "Zum Spitzbuam"
Attenkirchen ca. 7 km entfernt
www.zum-spitzbuam.de
Gasthaus Ostermeier:
Attenkirchen 7 km entfernt.
www.ostermeiers.com
Holledau-Appartments
Familie Gmeineder
Osterwal 3,5 km
www.holledau-apartments.de
Ferienwohnung Fam. Spornraft:
Au 3 km entfernt
www.fewo-hallertau.de
Gasthaus Rosenwirt:
Au 3 km entfernt
www.rosenwirt.com
Hotel Living Hallertau:
Rudelzhausen 8 km entfernt
www.living-hallertau.de
Fotonachweis: alle Fotos von Dagmar Strauß außer: Alle Pixabay Eisbach (ohne Namen) und Bachlauf - LoggaWiggler; dunkler Weg - Cocoandwifi; Insel im Wasser - Schreib-Engel;Weg mit Sonne - 7 creaturart; Keimling - RomoloTavani; Blatt mit WassertropfenValengilda; Bank und See- Finkelsen;